Als den Alsfeldern das Licht aufging
Wie Alsfeld zu seiner Straßenbeleuchtung kam

Von Dr. Herbert Jäkel, Alsfeld (1997)

Vorwort

In vielen Geschichtsdarstellungen liest man von Kaisern und Königen, von Cäsaren und Diktatoren, von Kanzlern und Bürgermeistern, die die Politik gemacht hätten, da geht es um Feldherren und ihre siegreichen oder verlorenen Schlachten – die Toten und Verkrüppelten sind meist Nebensache –, da geht es auch um Kunst und Bauwerke und allerlei Errungenschaften, die viel Geld gekostet haben, und natürlich um deren Schöpfer, die Künstler, die Erfinder, die Entdecker, die Unternehmer, die Funktionäre usw., was sicherlich nicht unwichtig ist, doch über das Alltagsleben und die Alltagskultur erfährt man wenig und man muß manchmal fragen, wo bleiben da die sogenannten kleinen Leute, die die Ideen umsetzen, die Arbeiten ausführen, die Leistungen erbringen, die Handreichungen tätigen, den Kopf hinhalten, die körperliche Last, den Schweiß, die Schmerzen, den seelischen Kummer – und das oft bei Hungerlöhnen – einst ertragen mussten?

Straßenbeleuchtung „Am Kreuz“

Bei dieser Betrachtung geht es um ein besonderes Kapitel der Stadtgeschichte Alsfelds, um die Alsfelder Straßenbeleuchtung und um die Laternenwärter oder Lampenputzer, um einfache Leute also, die allerdings in den Geschichtsdarstellungen meist nicht vorkommen, obwohl diese überall in den Akten erscheinen. Es geht außerdem um ein Kapitel, mit dem sich eigentlich noch niemand befasst, aber mancher schon mal sich Gedanken gemacht hat, wie das wohl früher nachts in Alsfeld war. Anlass zu dieser Abhandlung war die Feststellung, dass in den Stadtrechnungen des vorigen Jahrhunderts ab 1839 plötzlich eine neue Ausgabenposition mit der Bezeichnung „Straßenbeleuchtung“ erscheint, die den städtischen Haushalt beträchtlich erweiterte.

Von der Geschichte der Beleuchtungskörper

Schon die Menschen der Urzeit kannten neben dem offenen Feuer einfache Verbrennungslampen, die dann in der mittelmeerischen Antike sogar schon aus kunstvollen Ton-, später Bronzegefäßen bestanden, in denen Öl, durch die Kapilarkraft eines brennbaren Dochtes angezogen, als Brennstoff diente. Neben den über Jahrhunderte hinweg zur Beleuchtung benutzten Kerzen bei Kandelabern, Kronleuchtern, Handleuchten, Leuchterweibchen und Glaslüstern setzte erst Ende des 18. Jahrhunderts eine lebhafte Entwicklung der Leuchtgeräte dank der flüssigen Brennstoffe ein. 1782 wurde der Flachdocht erfunden, der zum Ring ausgebildet wurde; durch Höherhängung des Ölbehälters konnte der Zufluss erleichtert und mit dem Glasbehälter die Flamme vor dem Luftzug geschützt werden. Aber erst 1855 konstruierte der Amerikaner Silliman die erste Petroleumlampe. Diese bestand aus Ölbehälter, Brennerhals, Zylinder und Glocke.

Während bereits um Christi Geburt z.B. die Großstadt Ephesus nachts beleuchtet war und erst im 17. Jahrhundert in einigen größeren europäischen Städten Öllaternen aufgestellt wurden, blieben unsere Städte und Dörfer über Jahrhunderte hinweg nachts dunkel. Wer den Weg finden wollte, musste eine Handleuchte nehmen oder sich „heimleuchten“ lassen.

Öffentliche Ausschreibung

Erste Probelampe am „Creutz“

In den Rechnungsbänden der Stadt tauchen 1839 erstmals Ausgaben für „Straßenbeleuchtung“ auf. Dem Seiler Weber wurden nach dem „Accord“ vom 21. Dezember 1838 für eine gefertigte 9 Klafter lange Kordel von Hanf für die Probelaterne 48 kr. gezahlt. Diese war im September 1839 nach einem Plan angefertigt worden, der wohl, wie auch damals bei dem Leichenwagen, von Offenbach stammte, wo der Cousin des Bürgermeisters Ramspeck, Georg Melchior Ramspeck, Oberquartiermeister war. Nach der vom Spengler Georg Dietrich Wenzel am 6. Oktober 1839 erstellten Rechnung hatte er die Probelaterne aus Blech, einem kupfernen Deckel, einer eisernen Henke, 5 Scheiben vom Glaser Listmann, mit vier Messingknöpfen, Arbeitslohn und Anstrich für 15 fl 44 kr hergestellt. Sie war nach einer weiteren Rechnung von dem Schlosser Georg Dietrich Bornmann mit einer 26 Fuß langen Aufziehrolle mit Eisengestell, Welle, Rädchen, Kasten, Bändern, Schloß und Bandeisen im Dezember 1839 am „Greutz“ für 16 fl 30 kr angebracht worden. Für die Rolle und die Dreherarbeiten an der Laterne hatte Ludwig Ramspeck am 22. November 1839 eine Rechnung von 1 fl ausgestellt. Peter Freundlieb lieferte einen Kasten aus Eichenholz mit Anstrich und Anschlag für 2 fl 12 kr.

Gewissenhafte Prüfung

Der Gemeinderat hatte, das muß man sagen, sich ernstlich mit der Anschaffung einer Straßenbeleuchtung für Alsfeld beschäftigt; denn der Voranschlag für 1840 sah immerhin die Ausgabe von 500 fl vor. Und der Stadtvorstand prüfte sehr genau und gewissenhaft. Kreisbaumeister Sonnemann erstellte am 15. November 1840 einen Kostenanschlag für eine große Laterne gemäß „anliegender Zeichnung Figur 2“ (nicht mehr vorhanden) mit genauer Beschreibung, Maß- und Kostenangabe. Die zwischen zwei Häusern hängende Laterne sollte 50 fl, die an einem Pfahl befestigte 71 fl 14 kr kosten.

Inzwischen hatte der Laternen-Fabrikant Johannes Koch, Söhne, Hanau, nach seiner Rechnung vom 20. November 1840 eine große Hängelaterne mit Glas, Lampe, Kette, Rolle, Kloben und übrigem Zugehör einschließlich der Emballage für 62 fl geliefert. Dazu kamen Ausgaben für eine 72 Fuß lange dreiteilige mit 12 Fäden erstellte Kordel und für 1 1/4 Schoppen Kristallöl zur Probe der neuen Laterne für die Straßenbeleuchtung. Bürgermeister Ramspeck stellte am 8. Dezember 1840 allerdings fest, dass bei dem angestellten Versuch mit der 1. Probelaterne die Rollen aus Eisen nicht zweckmäßig seien und deshalb bessere Überlegungen angestellt werden sollten. So stellte der Schlosser Georg Dietrich Bornmann eine größere Rolle in dem Kästchen mit zwei Eisenscheiben und vier Messingrollen für die Probelaterne „am Greitz“ her. Und als ein weiteres Probestück wurde 1841 mit Ermächtigung durch den Kreisrat noch eine Straßenlaterne in Gießen bei dem Spenglermeister Georg Philipp Faber für 51 fl 4 kr gekauft, die am 11. Februar 1841 von Johannes Ganß geholt worden war, der dafür 1 fl 12 kr erhielt.

Vorläufiger Plan

Mit der Anschaffung der Straßenbeleuchtung sollte es nun ernst werden. Vom 11. März 1841 ist in den Akten des Stadtarchivs eine Zusammenstellung erhalten, betitelt „Vorläufiger Plan derjenigen Plätze und Punkte, wo Straßen Laternen anzubringen sind“. Das Verzeichnis führt 24 Standorte für die Anbringung von 63 Straßenlaternen von der Kreisratswohnung in der Hersfelder Straße über Untergasse, Burggarten, Metzgergasse, Fulder Gasse, Steinborngasse, Stadtbau (Hochzeitshaus), Weinhaus, Apotheke, Kirchplatz (Altes Schulhaus), Kirchplatz 10 Obergasse (Posthaus), Schnepfenhain (Neues Schulhaus), Rittergasse, Mainzer Gasse bis zum Mainzer Tor (Louis Weitz, auf.

Bürgermeister Ramspeck erließ am gleichen Tag, 11. März 1841, eine Bekanntmachung, erschienen am 13. März 1841 im Alsfelder Wochenblatt, betreffend die „Straßenbeleuchtung der Stadt Alsfeld“ „Zum Zweck der rubricirten Straßenbeleuchtung sollen Freitag den 2. April d. J. morgens 9 Uhr im dahiesigen Rathaussaale 12 Stück Straßenlaternen nebst Ketten und Zubehör und 6 Stück Stocklaternen, öffentlich an den Wenigstnehmenden versteigert werden“. Und es gab noch die Anmerkung: „Probe-Laterne, Zeichnungen und Kostenüberschläge können bei mir jeden Tag eingesehen werden“. Aber dazu kam es nicht. Vielleicht war der Bürgermeister zu voreilig. Das Ganze zog sich bis Ende November hin.

Erneuter Kostenanschlag

Erst am 25. November 1841 wurde ein neuer „Kostenanschlag über die Fertigung einer großen Laterne nach vorfindlichem Modell“ erstellt. Darin heißt es:

1. dem Spengler für Fertigung der Laterne mit Lampe zu 2 Lichtern, deren sämtliche Lichtscheine aus gutem und starkem Neusilber bestehen = 30 fl,
2. den Glasern für 4 Seiten- und 1 Bodenglas, von franz. Doppelglas,
3 fl 30 kr, 3. dem Schlosser für 36 Pfund Ketten a 18 kr pro Pfund = 10 fl 48 kr,
4. demselben desgleichen für die übrigen zum auf- und ablassen der Laterne erforderlichen Gerätschaften sämtliche Rollen aus Messing = 10 fl,
5. dem Schreiner für Laternen-Kasten von Tannenholz nach Modell = 2 fl 20 kr,
6. dem Seiler für ein Seil von gutem Hanf= 2 fl.

Damit sollte eine große Laterne 58 fl 38 kr kosten. Dieser Preis wurde der Versteigerung wohl zu Grunde gelegt.

Versteigerung der ersten 20 Straßenlaternen

Nach öffentlicher Bekanntmachung durch das Wochenblatt und die Schelle wurden die Arbeiten für die Laternen am 26. November 1841 nach folgenden Bestimmungen versteigert:

1. Der Steigerer muß Meister sein, gute Arbeit fertigen und die Lieferung derselben innerhalb 3 Monaten bewerkstelligen.
2. Eine Kaution von 1/8 des Steigerungswertes ist zu leisten.
3. Sobald der Steigerer eine Laterne fertig gestellt hat, so ist solche – ohne Anstrich – zur Revision vorzuzeigen; ebenso sind sämtliche Laternen, ohne vorherigen Anstrich, auf Verlangen erst vorzuzeigen.
4. Die Laternen sind alle so anzufertigen, dass Kupfer und Messing besonders gewogen werden kann.
5. Die eisernen Ketten sowie die Kordeln werden pfundweise gewogen, letztere jedoch vor dem Anstrich mit Schiffsteer.
6. Die Fertigungen der Laternen und alle Zugehörungen müssen nach vorliegendem Plan, der Zeichnung und Beschreibung geschehen, besonders aber sind die Laternen nach dem aufgestellten Probestück oder Muster ganz in derselben Form, Qualität pp zu bearbeiten und zu liefern.
7. Die Spenglerarbeit ist mit Ölanstrich, die Scheinschirme von Neusilber, Messing und Kupfer gut poliert zu liefern.
8. Zu den Laternen ist reines und starkes französisches Doppelglas zu verwenden, die Tafeln sind dauerhaft zu verkitten.
9. Schlosser- und Zeugschmiedearbeiten sind ebenfalls nach den Proben zu fertigen und zwar a) die Ketten mit Ölanstrich, nach dem Muster der in Alsfeld gefertigten Kette, zu jeder Laterne eine messingene Rolle in dem eisernen Stab befestigt – alles wird pfundweise gewogen, b) den Beschlag des Kästchens mit Schloß, Fischbänder, Schließkloben, Triebwerk und drei gegossenen Rollen, eine von Messing und zwei von Eisen – alles nach dem Gießener Modell, c) die Bankeisen.
10. Die Kästchen sind von Eichenholz 7 ½ – 8 Fuß hoch, ein Zoll stark, mit wasserrechter Abschiefung, ohne Rundstab und nach Bedürfnis des Standes, links oder rechts, mit Seitenöffnung nach dem Gießener Modell, jedoch so tief und groß, als das Triebwerk erfordert, zu fertigen und mit brauner Ölfarbe anzustreichen.
11. Die Seilerarbeit muß genau nach der Weberschen Probe gefertigt werden, und zwar von reinem Kernhanf, dreischlägig mit 12 Faden und statt Leinöl mit Schiffsteer angestrichen; die Ablieferung geschieht pfundweise.
12. Abschlagszahlungen können gegen Kaution oder gegen abschlägliche Lieferung der Arbeiten aus der Stadtkasse erfolgen.
13. Die Genehmigung dieser Versteigerung bleibt vorbehalten ebenso die Auswahl eines Individuums der drei letzten Steigerer.

Die Spengler-, Glaser-, Schlosser-, Schreiner- und Seilerarbeiten wurden zusammen angeboten:

1.) Für 2 Stück vierschirmige Laternen bot Casper Wollrab 62 fl, Georg Dietrich Wenzel als Letztbietender 45 fl 30 kr,
2.) für 3 Stück dreischirmige Laternen bot Hyronimus Kemmer 54 fl, Casper Wollrab als Letztbietender 43 fl 30 kr,
3.) für 3 Stück dreischirmige Laternen bot Hyronimus Kemmer 48 fl, Georg Dietrich Wenzel als Letztbietender 43 fl.
4.) für 4 Stück zweischirmige Laternen bot Hyronimus Kemmer als Letztbietender 43 fl,
5.) für 4 Stück zweischirmige Laternen bot Johannes Nauland aus Schlitz 43 fl, Hyronimus Kemmer als Letztbietender 42 fl 30 kr,
6.) für 4 Stück zweischirmige Laternen bot Casper Wollrab als Erst- und Letztbietender 43 fl.

Dieses Protokoll, das vom Beigeordneten Mathes beglaubigt wurde, sollte an den Großh. Hess. Kreisrat „zur weiteren höheren Verfügung berichtlich eingefordert werden“.

Für die Herstellung der 20 großen Laternen erhielten Georg Dietrich Wenzel, Caspar Wollrab und Hyronimus Kemmer z.T. noch 1841 und 1842 Abschlagszahlungen, zusammen 864 fl 30 kr.

Die Laternen wurden auch bald angebracht, so dass Alsfeld ab 1842 seine erste Straßenbeleuchtung mit zunächst 20 Laternen besaß und damit wohl der Beginn der Straßenbeleuchtung in Alsfeld feststeht.

Die Laternenwärter

Zur Betreibung der Beleuchtung brauchte man Personal, die sog. Laternenwärter, auch Lampenputzer genannt, deren Aufgabe es war, die Straßenlampen abends zum Leuchten zu bringen und morgens wieder zu löschen. Bei der Art der Anbringung an einer von einem Haus zum gegenüberstehenden gespannten Kette über der Straßenmitte konnte die Laterne mit Hilfe einer Winde in jede gewünschte Lage gebracht werden. Die Laterne musste heruntergeholt, geöffnet, das oftmals verrußte Glas gereinigt, das Öl regelmäßig nachgegossen, der Docht so lange verstellt werden, bis die dürftige Beleuchtung in Ordnung war. Dann wurde die Laterne wieder über die Straßenmitte geleiert.

Während der Sommermonate waren die Straßenlampen abgehängt worden; einige mussten repariert werden, da sie durch Windsturm heruntergefallen und zu Bruch gegangen waren.

1842 erscheinen in den Stadtrechnungen erstmals die beiden Laternenwärter Heinrich Depp und Jakob Hartmann IV. Sie erhielten für die letzten Wintermonate 1842 zunächst 25 fl und nach der kreisrätlichen Kreditgewährung für das Jahr 1843 sodann 50 fl.

Kontrolle des Ölverbrauchs

Nach den Investitionen kamen natürlich auf die Stadt neben den Personalkosten auch die laufenden Kosten der jährlichen Unterhaltung zu und das schon im gleichen Jahr. Von dem Posamentier Heinrich Krauß aus Neukirchen wurden 61 Ellen, von Dietr. Ruppels Wtw. 115 Ellen Lampendocht gekauft. 10 Pfund Werg zur Reinigung der Straßenlaternen kosteten 50 kr. Eine Blechkanne für Öl zu 4 Maß musste angeschafft werden. Und die meisten Betriebsausgaben verschlang das Öl. Ab April 1842 verzeichnen die Rechnungen Ausgaben für jede Menge Öl: 13 1/2 Schoppen für die Probelaterne und 190 1/2 Maß Kristallöl. Dazu kamen noch Ergänzungsarbeiten an den Laternen, so dass die gesamten Ausgaben für die Straßenbeleuchtung im ersten Jahr bei 947 fl 1 3/4 kr lagen.

Bürgermeister Ramspeck kam der Ölverbrauch recht hoch vor, so dass er umfangreiche Kontrollen einbaute. Am 20. September 1842 berichtete er, dass noch nicht durch Erfahrung bekannt sei, wieviel Öl für die Straßenbeleuchtung nötig und welches Öl am zweckmäßigsten sei. Er bestimmte, dass die Laternenwärter Depp und Hartmann unter Aufsicht des Ratsdieners und der beiden Polizeidiener das Öl holen und dass am Rathaus in seiner Gegenwart das Füllen einigemale vorzunehmen sei. Dem Marktmeister Lotz wurde aufgetragen, den jeweils gegenwärtigen Preis pflichtgemäß zu notieren.

Am 2. November 1842 wurde zur genaueren Erfassung der Öllieferung das Lampenöl öffentlich versteigert. Nach Feststellung des Preises von einem Maß Öl zu 1 fl. 20 kr erhielt unter den Steigerern Werner Ramspeck mit 1 fl 11 kr den Zuschlag. Das Öl musste klar abgelagertes „Chrystallöl“ sein. Die Qualität sollte vom Bürgermeister oder dem Beigeordneten als Beauftragtem bestimmt werden. Die Lieferung des Öls sollte täglich in einem verschlossenen Gefäß mit Schlüssel erfolgen, von denen je einer der Lieferant, der Ratsdiener oder die beiden Polizeidiener (wachenweise abwechselnd) und die Lampenputzer besaßen. Und die Bezahlung durch die Stadtkasse durfte erst nach der Bescheinigung des Kontrolleurs erfolgen.

Lampenboom

Ende 1862 berichtete das Allgemeine Intelligenz-Blatt für den Kreis Alsfeld, dass sich in der Stadt Alsfeld in Folge der billigen amerikanischen Öle eine große Geschäftstätigkeit entwickele; es wäre von einem Alsfelder Spengler versichert worden, dass er 187 Stück Lampen, wovon 17 Stück auf dem Weihnachtssonnabend kamen, abgesetzt habe. Hier handelte es sich um die 1855 erstmals konstruierten Petroleumlampen. Wenige Jahre später sah sich die Stadt Alsfeld genötigt, ihre Straßenbeleuchtung umzurüsten.

Beschaffung neuer Straßenlaternen

Am 31. Oktober 1868 war wegen der Umstellung auf Petroleum eine modernere Laterne geliefert worden, die als Muster am Hochzeitshaus angebracht worden war. Nach diesem Modell wurde für die Neuanschaffung von Straßenlaternen am 19. August 1869 eine Versteigerung durchgeführt. 16 Laternen sollten auf Gußarmen zu 15 fl 30 kr und 4 als Stocklaterne für 12 fl geliefert werden. Für die Kosten der Herstellung mussten insgesamt 480 fl für das Jahr 1870 in Voranschlag gebracht werden, außerdem der Petroleumverbrauch für 46 Laternen. Nach 27 Jahren waren die alten Straßenlaternen somit überflüssig geworden und wurden deshalb am 15. September 1869 vor dem Rathaus versteigert.

Der „Lateiner“

Zu den Alt-Alsfelder Originalen zählte Julius Waldeck den Welker-Schorsch aus der unteren Fuldergasse und beschrieb ihn, wie er morgens mit schmaler Hakenleiter bewaffnet, deren Fußenden in eiserne Spitzen ausliefen, die große Petroleumkanne in der Hand, das Klöbchen im Munde, durch die Gassen und Gässchen marschierte. Den Spitznamen „Lateiner“ hatte er sich dadurch erworben, dass er so hastig und unverständlich sprach. Inzwischen waren die Straßenlampen auf eisernen Wandarmen an den Häusern angebracht, zu denen der Laternenwärter Welker mit Hilfe der Leiter hinaufsteigen musste. Er begann mit der Reinigung der häufig verrußten Lampenzylinder in der noch durch die Stadt fließenden, vom Obertor herunterkommenden Liederbach. Nach sorgfältiger Abtrocknung mit Putzlappen kam der wollene Zylinderputzer in Anwendung, zum Schluss folgte das Reinigen der Glasscheiben. Bei eintretender Dunkelheit zog Welker wieder durch die Stadt, stieg zu den Laternen hoch, um das Licht rechtzeitig anzuzünden und musste noch einen Moment warten, um festzustellen, ob der Docht richtig brannte.

Neue Laternenwärter

Der Laternenwärter Georg Heinrich Welker III. hatte Ende September 1874 seine Stelle niedergelegt. Um diese hatten sich 4 Personen beworben: 1.) Johannes Schopbach IV., der den Dienst bereits seit dem 1. Oktober provisorisch versah, 2.) Andreas Enders, 3.) Christoph Heidelbach, 4. Carl Bücking. Auf Vorschlag beschloss der versammelte Gemeinderat am 13. Oktober 1874, dass Johannes Schopbach IV. als Laternenwärter bestätigt wurde. Die jährliche Besoldung ab 1. Oktober wurde auf 65 Gulden festgesetzt. Schopbach war vorher Wasenmeister, er trat nun die Nachfolge Welkers an, treulich unterstützt von seiner Ehehälfte.

1879 gab es zwei Laternenwärter, außer Schopbach ein Reibeling. Beide hatten den Gemeinderat um eine Besoldungszulage gebeten. Das lehnte der Gemeinderat am 4. März 1879 ab – es wurde den beiden vielmehr empfohlen, die Stelle eines Laternenwärters besser, wie seither, zu versehen, ansonst anderweit die Reinigung der Laternen pp. vergeben werde, was den Betroffenen am folgenden Tag durch den Ratsdiener mitgeteilt wurde.

„Gehaltsaufbesserung“

1889 erscheinen in den Akten als Laternenwärter. Heinrich v. Keitz und Kaspar Eckstein. Sie monierten in einem Schreiben vom 8. Januar, dass sie „im Verhältnis zu ihrer Arbeit und der sich täglich steigernden Bedürfnissen der Neuzeit bezüglich der Vermehrung ihrer Lampen, einen ganz geringen Lohn“, pro Jahr 180 Mark, bekämen, „aber 2 Mann Bedienung erforderlich sind, um den gefahrvollen Beruf zur Zufriedenheit der Vorgesetzten und zur Verschönerung und Sicherheit der Stadt Alsfeld nach zu kommen“ und baten den „hochleblichen Gemeinderath um gütige Bewilligung einer entsprechend höheren Summe“. Doch der Gemeinderat lehnte am 12. Februar 1889 das Gesuch ab. Ein Jahr später, am 2. Oktober 1890 versuchten beide noch einmal mit demselben Text um eine „Gehaltsaufbesserung“, die dann der Gemeinderat in seiner Sitzung am 21. Oktober, billigte und ab 1. Oktober auf 200 Mark festsetzte.

Gesuche zur Anbringung von Straßenlaternen

In den Akten wimmelt es von Gesuchen von Bewohnern um die Anbringung von neuen Straßenlaternen fast an allen Ecken der Stadt, vor allem an jenen Straßen, an denen sich als Folge des Eisenbahnbaus und entsprechend der Lage des Bahnhofes die Neubebauung vollzogen hatte, so am Lieden, am Schützenrain, an der Leusler Chaussee, an der Lutherstraße, an der Romröder Chaussee, aber auch an jenen Stellen, an denen weniger Betuchte wohnten oder deren Lobby nicht so stark war, wie in der sog. Krimm, um nicht „in die Misten zu fallen“, in der Schäfergasse, in der Steinborngasse, am Stadtmauerweg. In den besseren Vierteln wurde meist genehmigt, in den ärmeren Viertel meist abgelehnt, nach Besichtigung durch die Baukommission dann doch noch befürwortet. Entsprechend mussten die geforderten Straßenlaternen über Gemeinderatsbeschlüsse beschafft und über den Haushalt finanziert werden.

Einführung der Elektrizität

Vor nunmehr 100 Jahren, 1896, hat sich der Stadtvorstand in seinen Entscheidungen förmlich überboten. Nach jahrelangem Ringen es sei dabei an das geflügelte Wort der alten Alsfelder: „Brouche mer e Wasserleiring – mer ho de Bomb verm Haus“ erinnert – und neben dem endgültigen Beschluss, eine Quellwasserleitung zu bauen, beschlossen die Gemeindevertreter am 27. Oktober 1896, dem Bau eines eigenen Elektrizitätswerkes näher zu treten, doch dieses Ringen um die Einführung der Elektrizität in Alsfeld ist ein eigenes Kapitel wert – worüber die beiden Alsfelder Originale „Handiel und Jerlud“ ihre Späße machten mit ihrer Frotzelei:

„Lauter naue Werke in der Stoadt,
Die Loft emspanne se mit lauter Droaht
Un inge dämmeln se wie verreckt off m Road“.
– nur soviel sei gesagt, dass am 15. Mai 1900 das erste elektrische Licht in Alsfeld brannte. So ging den Alsfeldern das Licht auf.

Quellen:

Vortrag des Verfassers am 24.12.1996 aus Anlass des Christkindwiegens auf dem Turm der Walpurgiskirche
Stadtrechnungen 1839, 1840, 1841, 1842, 1843, 1869.
Alsfelder Wochenblatt 1841, Alsfelder Intelligenzblatt 1862,1869, Stadtarchiv Alsfeld, A XV/31, NXV/38 und XV/39,
Herbert Jäkel: Zur Geschichte des Friedhofes und der Totenkapelle auf dem Alsfelder Frauenberg, MGMV, 14. Reihe, Nr. 4/5, 1991, S. 151.
J. Waldeck: Alt-Alsfelder Originale, in: Heimat-Chronik, Heft 8, 1996.
Herbert Jäkel: Alsfeld um die Jahrhundertwende, Alsfeld, 1981.

Erstveröffentlichung:

Dr. Herbert Jäkel, Als den Alsfeldern das Licht aufging. Wie Alsfeld zu seiner Straßenbeleuchtung kam, in: Heimat-Chronik Alsfeld, 14. Jahrgang, 1997, Heft 2, S. 1-4.

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[Stand: 04.06.2024]