Das Bücking-Haus am Markt
Die alte Post (1744-1764)

Von Karl Dotter, Alsfeld (1935)

Marktplatz Nr. 4. Eingang von der Obergasse.
Wohn- und Geschäftshaus. – Grundbuch alt Nr. 103, neu Nr. 614, erbaut 1509.
Jetziger Eigentümer: Firma Kaisers Kaffeegeschäft.

[Seite-68] Nach einer ehemals am Hausgiebel befindlichen Inschrift soll das Gebäude im Jahre 1509 erbaut worden sein. Der erste nachweisbare Besitzer war der Alsfelder Bürger Johannes Beilstein, der von 1533 bis etwa 1540 in dem Hause wohnte. Er wurde 1533 Bürger und war 1543 bereits tot. Seine Frau hieß Katharina N.N. Von 1540 erscheinen Johannes Beilsteins Erben als Besitzer des Hauses. Katharina Beilstein, die Witwe des Vorigen, war von 1554 bis 1584 Besitzerin des Hauses. 1579 scheint ein gewisser Bechtold Causa in dem Hause gewohnt zu haben. Von 1581 ab erscheint in dem Hause der Bäckermeister, Ratsherr und spätere Bürgermeister Heinz Stumpf, der von 1584 ab Besitzer des Anwesens war. Er wurde 1527 geboren und starb am 25. Juni 1590. [01(39)] 1578/1579 bekleidete er das Bürgermeisteramt zu Alsfeld. Seine erste Frau hieß Eila Kümpel, seine zweite Frau N.N. Diese besaß das Haus bis zum Jahre 1607. Dann erscheint als Eigentümer ihr Schwiegersohn Balthasar Stamm, geboren 1577, gestorben 12.11.1635. Verheiratet war er mit Katharina Stumpf (geboren 1575, gestorben 1635). Unter ihren Erben erscheinen: Jost Stamm von Treysa, verheiratet mit Anna Elisabeth, und der Schwiegersohn Georg Knöttel, der 1638 Besitzer des Hauses wurde. [02(40)] Er lebte von 1608-01.06.1664. Das Bürgermeisteramt bekleidete er im Jahre 1655/1656. Verheiratet war er mit Gutta Stamm, geboren im Oktober1611, gestorben 29.02.1692). Die Witwe besaß das Haus von 1664-1692. Von diesem Zeitpunkte ab waren Jost Urstadt (geboren 1650, gestorben 26.10.1705) und seine Witwe (bis 1707) Besitzer des Hauses. Diese verkaufte am 25.05.1707 ihren Anteil Behausung auf dem Marktplatz, zwischen Major Neurath und Peter Hölckern [03(41)] gelegen, für 306 fl. an den Bäcker Georg Jungblut (geboren 1649, gestorben 04.05.1727). Er war zweimal verheiratet: 1. mit Anna Katharina N.N. und 2. mit Anna Klara Knöttel. Von 1722 ab erscheint als Besitzer des Hauses der Bäcker Johann Albert Jungblut, wohl ein Sohn der Vorigen. Er wurde 1695 geboren, erwarb 1736 die Bürgerschaft und trat mit Anna Elisabeth Kaufmann in die Ehe. 1744 erwarb Johann Heinrich Ramspecks Witwe das Haus, das sie bis 1756 besaß. [04(42)] Sie war Posthalterin in Alsfeld [05(43)] (gestorben 19.01.1753). Ihr Nachfolger im Postamte wurde der zweitälteste Sohn, Johann Peter Ramspeck, der aber noch im gleichen Jahre starb. Sein jüngerer Bruder, Johannes Ramspeck, war nunmehr von 1756-1764 Besitzer des Hauses und zugleich Postverwalter [Seite-69] in Alsfeld. [06(44)] Er war seit 1754 mit Luise Henriette Sauer aus Ottrau verheiratet (geboren 1726, gestorben 03.05.1761).

Das Gebäude am Marktplatz war von 1744-1764 Postgebäude, das zweitälteste, bis jetzt in Alsfeld nachweisbare Posthaus.

Am 04.01.1764 wurde die Hälfte des Hauses an den im Nachbarhause wohnenden Fürstlichen Marschkommissar Johann Ludwig Adolf Reitz für 1.500 fl. verkauft. (Vgl. Nr. 15.) Dieser besaß seinen Anteil bis zu seinem Tode 1798.

Die andere Hälfte des Hauses hatte Mechtild Margareta Bücking erworben. Am 26.04.1764 verkaufte Johannes Ramspeck an seine Frau Base Bücking seine Behausung, Scheuer und Mistenstatt. Sie gab ihm dafür eine Wiese auf der Liederbach und noch 1.800 fl. Am 15.11.1776 verkaufte sie es an ihren zweiten Sohn Georg Dietrich Bücking für 2.000 fl.

Georg Dietrich Bücking (geboren 22.07.1739, gestorben 13.10.1818) war mit Anna Katharina Römheld vermählt. Vom Jahre des Erwerbes ab hat nunmehr die Familie Bücking das Anwesen 149 Jahre lang besessen. Der Sohn der Vorigen, Balthasar Bücking, besaß das Haus von 1817-1853. [07(45)] Er war geboren 1785 und starb am 23.02.1853. Erbe des Hauses wurde sein Sohn Hermann Bücking (geb. 30.06.1818, gestorben 25.07.1887), der im Jahre 1850 das Haus mit dem Nachbargebäude zusammen für 4.000 fl. erwarb. (Vgl. Nr. 15.) Er war vermählt mit Wilhelmine Kolb (geboren 1817, gestorben 1897), einer Tochter des Alsfelder Dekans Kolb. Im Jahre 1885 wurde der Sohn der beiden, Rudolf Bücking (geboren 16.09.1846, gestorben im Juli 1914) Besitzer des Hauses. Er heiratete 1878 Friederike Müller (geboren 21.07.1853, gestorben 1925), eine Tochter des Alsfelder Pfarrers und Dekans Karl Müller. Letztere besaß das Haus von 1914-1925. In diesem Jahre erwarb der Alsfelder Gärtner Karl Depp das Gebäude. Nach seinem Tode ging das Anwesen an den heutigen Besitzer über.

Anmerkungen:

[01(39)] Leichenpredigt vorhanden.

[02(40)] Währschaftsbuch: 1638. Jost Stamm von Treysa verheiratet mit Anna Elisabeth verkaufen Georg Knöttel verheiratet Guthen ihr Anteil Behausung auf dem Markt mit Scheuer, an Jost Reichard und Bernhard Diehm gelegen. – 1639. M. Henrich Stamm verkauft seine Drittel Behausung auf dem Markt seinem Schwager und Schwester, Georg Knöttel verheiratet mit Gutha, an Bernhard Diehm und Jost Reichard gelegen – gleicher Eintrag vom 02.09.1644. Kaufpreis 415 fl.

[03(41)] Bewohner des heutigen Hauses Klingelhöffer in der Obergasse.

[04(42)] 30.09.1744. Johann Albertus Jungblut, Bürger und Bäcker, verheiratet mit Anna Margarete, verkaufen Frau Anna Clara, Johann Henrich Ramspecks, fürstl. Post- und Zollverwalters Witwe, ihre auf dem Markt an ihr selbsten und zwischen Julius Tobias Creudern stehend, mit allem was niet- und nagelfest ist, ausgenommen den in der Wand festgemachten Schrank usw. für 900 fl. Frankfurter Währung. – 03.11.1746. Johann Albert Jungblut, Bürger und Bäcker, anjetzo wohnhaft zu Grebenau, verheiratet mit Anna Margaretha, übergeben Frau Postverwalterin Anna Clara Ramspeck einen Kaufbrief über die am 30.09.1744 verkaufte, auf dem Markt dahier stehende Behausung.

[05(43)] Tauschkontrakt 11.08.1744. „Es räumt ein: Herr Julius Tobias Kreuder, Chirurgus juratus, verheiratet mit Eleonora, über die bisher prozesshängig gewesene Hofrait, Wagenhaus, Scheuer etc., aber nunmehr in Güte entschieden ist, an des Herrn Postverwalters sel. Witwe Anna Clara, Johann Henrich Ramspecks Witwe und deren Erben, die hinter des Täuschers liegende, an der Frau Täuscherin Hof befindliche Scheuer mit aller darin befindlichen Stallung und Mistenstatt. Dagegen übergibt Frau Postverwalter Ramspeck an Julius Tobias Kreuder ihre ¼ Scheuer in dem Schneppenhain. Frau Ramspeck macht eine Zugabe von 450 fl. Kreuder soll den Ein- und Ausgang über der Frau Ramspeck Pflaster haben. Die Mistenstatt Kreuders soll eingesteint werden. doch darf Frau Ramspeck die freie Öffnung haben und jederzeit Postwagen, Pflug usw. dort hinstellen. Weil der Täuscher in seinem Hof einen Stall hat, so behält er sich vor, jederzeit zu bauen. Die Passage will er stets frei haben für sich und seine Nachkommen.

[06(44)] 19.01.1756. Johann Heinrich Ramspecks, ehemaligere fürstlichen Post- und Zollverwalters nachgelassene Kinder, namentlich: Johann Jakob R., fürstlicher Postverwalter, Anna Clara, Johannes Schwarzen Ehefrau, Helene Katharina Margareta N., Georg Christian Wilhelm R., Ludwig Konrad R., Gerhard Jakob R., verkaufen an ihren Bruder Johannes Ramspeck, fürstl. Postverwalter, verheiratet mit Luise Henriette, ihre elterliche Behausung auf dem Markt, zwischen der Hohergassen und Julius Tobias Kreuder stehend, für 2.650 fl. – Dieselben Erben verkaufen auch ihre in der Obergasse stehende Behausung an ihren Bruder Gerhard Jakob für 2.160 fl., ferner ihr Haus in der Mainzergasse an ihren Bruder Christian Wilhelm für 1400 fl.

[07(45)] 1817 verkaufte Georg Dietrich Bücking seinem Sohne Balthasar das Wohnhaus mit ½ Scheuer und Mistenstatt für 3.000 fl.

Erstveröffentlichung:

Karl Dotter, Der Alsfelder Marktplatz und seine Bewohner im Laufe von vier Jahrhunderten, in: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins der Stadt Alsfeld, 7. Reihe, Nr. 6, 1935, S. 57-72 hier: S. 67-69.

Hinweis auf neue Erkenntnisse:

Gestützt auf Erkenntnisse aus dendrochronologischen Untersuchungen korrigieren Dr. Norbert Hansen und Jochen Weppler im Jahr 2015 den Entstehungszeitraum des Bücking-Hauses auf „1541 bis ca. 1542“. Damit ist das von einigen Historikern vermutete, von anderen behauptete Entstehungsjahr 1509 obsolet. Das Bücking-Haus ist demnach nicht älter als das Alsfelder Rathaus. Näheres in: Dr. Norbert Hansen, Jochen Weppler, Zur Geschichte des Bücking-Hauses Markt 4 in Alsfeld, in: Mitteilungen des Geschichts- und Museumsvereins Alsfeld, 114. Jahrgang, Heft 1, 2015, S. 3-26. [GFA]

[Stadt: 23.04.2024]