Wilde Ehen in Burg-Gemünden

Aus dem Archiv von Gemünden Felda: Ein Bericht der Polizeibehörde von 1861,
transkribiert von Hans Wilhelm Henkel

Burg-Gemünden den 25.06.1861

Betreff:
Wilder Ehen zu Burg-Gemuenden an das Groß. Kreisamt Alsfeld gehorsamster Bericht

Neben einer alten schon eine längere Reihe an Jahren dahier bestand einer wilden Ehe, nämlich dem Johannes Ruckelshausen von Rülfenrod und Dorothea Juzi von dahier, hat es in neuerer Zeit zwei neue gegeben, nämlich zwischen Anton Mühlig von Trohe bei Gießen und Maria Mahr von dahier und zwischen Heinrich Erb und Maria Ruckelshaus beide von hier, außerdem soll noch eine noch hierorts bestehen nämlich zwischen Heinrich Tröller von Nieder-Ohmen und Anna Katharina Karl von hier. Wegen dieser letzten wilden Ehe soll nun auch nochmals schon nächtliche Visitation statt gehabt haben, nun der That bestand hinlänglich constatiert worden sei, das genauere ist mir jedoch nicht genugsam bekannt. Letztlich den übrigen wilden Ehen erlaube ich mir noch folgendes zu bemerken.

Johannes Ruckelshausen von Rülfenrod hat mit Dorothea Juzin schon ein Häuflein Kinder gezeugt und hat wie er auch selben bekannt sich blos deshalb copulieren lassen weil er als  Soldat mehrmals einstand und sich einiges Vermögen erwerben wollte. Ruckelshausen suchte so viel als möglich sich außerhalb arbeitend zu beschäftigen, oft Monate lang, um so doch wenigstens einigermaßen öffentliches Ärgerniß zu vermeiden. Es wäre wohl gut, wenn Ruckelshausen die Eingehung einer gesetzlichen Ehe die er seiner Aussage nach sehnlich erwünscht, könnte gestattet werden, zumal er ja auch nun noch ein Jahr lang, nach seinem seitherigen Einstehercontract, Militärdienst zu thun hat.

Wegen der 2 anderen wilden Ehen habe ich mich auch mit den betreffenden Personen benommen, und da sie offenbar großes Ärgerniß in der Gemeinde erregen, ganz besonders auch das zusammen leben des Heinrich Erb mit Anna Maria Ruckelshaus das so ein recht schamloses ist, die erforderlichen Ermahnungen zur Trauung der Verbindung an nicht mangeln lassen es war aber vergebens.

Anton Mühlig hat mir öfters gesagt, er könne sich bald copulieren lassen. Es würden ihm noch einige Schwierigkeiten vom Gemeinderath wegen seiner ortsbürgerlichen Aufnahme gemacht, sie würden jedoch beseitigt werden. Es ist aber nun vordan nicht geschehen; und kann sein jetziges wildes Eheleben nicht so bestehen bleiben ohne öffentliches Ärgerniß fort an zu geben, und alles christlicher Zucht Hohn zu sprechen.

Am ungeziemlichsten benimmt sich Heinrich Erb derselbe ist auch Soldat. Er zeugte mit seiner jetzigen Concubin schon von zwei Jahren ein Kind wozu er sich als Vater auch durch Mannesunterschrift im Kirchenbuch bekannte obmal das Kind tot geboren wurde.

Die zwei Leute lebten damals noch getrennt, die Ruckelshaus im Haus ihrer Mutter. Erb und Ruckelshaus entzweiten sich später. Und diente dann dem letzten 1 Jahr lang bis Christtag 1860 auf dem Hofgut Sorge und in dieser Zeit spann Erb wieder ein Verhältniß mit der Ruckelshauß an und man sagte das diese Schwanger sei. Seit Christtag leben die zwei so dann in einer gemeinsamen Wohnung im neu erbauten Haus des schenkischen Försters Fey dahier, der auch in puncto sexti gewiß nicht mit Unrecht in recht üblem Rufe dahier steht.

Ich ließ Erb zu mir bestellen und suchte ihm sein Unrecht begreiflich zu machen. Er suchte jedoch auf allerlei Weise sein zusammen leben mit der Ruckelshauß als ein solches darzustellen, das ihm niemand wehren könne, namentlich behauptete er endlich noch, daß Ruckelshauß gar nicht mehr seine Braut sey. Das sey sie früher einmal gewesen, jetzt sei sie blos seine Magd nun er denke nicht daran sie zu heiraten. Als ich ihm auch vorhielt das Ruckelshauß aber Schwanger sein sollte, sagte er das könne doch Niemand beweisen nur er habe in fleischlicher Beziehung gar nichts mit ihr zu schaffen, wenn man ihm aber nun dränge so werde ferner die Ruckelshauß bei Fey der ein guter Freund von ihm sey, Magd sein, dagegen sey dem nichts zu sagen und sie besorge ihm doch seine häußlichen Geschäfte und Ruckelshauß ist jetzt ganz augenscheinlich Schwanger ja wohl von dem Eure ihre Schwangerschaft nicht mehr groß fern. Da aber eine Polizeiverordnung das behalten einer weiblichen schwangeren Person im Dienst verbietet so bitte ich auch hingegen Erb vorgeschritten wird. Im übrigen aber bitte ich das auch den anderen wilden Ehen nicht in gesetzlicher als bald als übergehen können, so wie auch diese (des Erb) gänzlich zerstört werden möchte, und möchte hier noch zufügen daß Erb und seine Concubine schamlos öffentlich sich darauf berufen ihnen könne Niemand was sagen, und auch meine dem Erb gegebene Ermahnung an öffentlich verhöhnt haben sollen.

Ich wollte dann endlich auch noch bitten das nöthigenfalls wegen diesen Verhaltens uns in wilder Ehelebens nach dem Rescript der höchsten Staatsbehörde No. D. 3466 vom 14 März von 1853 der vorgesetzten Militärbehörde (I. Infantrieregiment) Anzeige gemacht werde.

Bericht aufgezeichnet eges geschehen Burg-Gemünden

In Bezug des rubricirten Betreffend beeheren wir uns an das Groß. Kreisamt folgendes zu berichten: Die wilde Ehe zwischen Heinrich Tröller von Nieder-Ohmen und der A. Katharina Karl von hier besteht hier nicht mehr denn die Karl ist nach Paris gereist und hier nicht mehr anwesend, was die wilde Ehe des Anton Mühlig von Trohe und der Maria Mahr von hier anbelangt so hat sich dieselbe auch aufgelöst, so weil und bekannt ist so ist Maria Maar schon längere Zeit in der Wetterau in Arbeit gegangen. Bezüglich der wilden Ehe des Heinrich Erb und der A. Maria Ruckelshaus so mussten wir diese der Anzeige des Pfarrers überlassen das sich jedoch beide in der Wohnung des Schenkischen Försters Fey befinden ist gewiß und sollen auch dieselben, wie im allgemein geredet wird einen gemeinschaftlichen Haushalt führen, nächtliche Visitationen welche durch den Polizeidiener bei den selben stattgefunden haben sind uns nicht bekannt.

Fischer

Betreffend, das wilde Eheleben des Heinrich Tröller von Nieder-Ohmen mit Kath. Karl dahier

Der Rubrikant Heinrich Tröller ward in der Nacht vom 23.auf den 24. Febr. D. J. von dem Polizeidiener dahier in der Wohnung des Adam Karl II. dahier mit der Anna Katharina Karl in einem Bette legend betrofen, wo ersterer nämlich Tröller von dem Polizeidiener Reitz arretiert und uns der selbe den 24. Morgens überliefert ward, da wir nun den selben wegen Beschuldigung des wilden Ehelebens an Großherzogliches Kreisamt übersenden wollten, so sollte derselbe mittels Schubling hingebracht werden, dereshalb nun die Sicherung desselben von hier nach Nieder-Gemünden dem Heinrich Laub und Johannes Fleischhauer als jüngste Ortsbürger dorthin übertragen worden, so er sich mit J. Fleischhauer ungefähr 3 Stunden später nun zeigte an daß G. Becker sich entschloßen habe den Rubricant deret von hier nach Alsfeld führen zu wollen nur Fleischhauer es nicht nötig habe mit nach Nieder-Gemünden zu gehen. Montag den 4. März erschien der Polizeidiener Reitz Morgens, und erkläret daß G. Becker nicht mit dem Schubling nach Alsfeld gegangen sei sondern in Ehringshausen hätten sich beide in das Wirtslokal Carle gesetzt und ordentlich gezecht, nun sollten wie er in Erfahrung gebracht hatte beide des Abends gegen 7 von 8 Tagen wieder miteinander nach Burg-Gemünden gekommen sein, nun solle Tröller gleich wieder zu der obgenannten Person gegangen sein wir haben nun gleich den Becker kommen lassen und ihn heran vernommen, und ihn gefragt wo er den Bericht nebst Führungsattest habe welches er uns aber gleich wieder behändigt im übrigen behauptet hat er daßen in Alsfeld von dem Kreisamtbüro gewesen sei, und sogar den Schellenzug gezogen habe und da ihn aber niemand gesehen und gehört haben will so er mit dem Rubrikanten zu Metzger Grundrum in die Mainzergaß gegang, habe eter Obgenannten und waren daher wieder miteinander hierher gegangen.

Die Veröffentlichung des Textes im Rahmen des Internetprojekts
www.Geschichtsforum-Alsfeld.de wurde von
Hans Wilhelm Henkel genehmigt.

Erstveröffentlichung:
Hessische Familienkunde, Band 40, Heft 3/2017, S. 134-135.

[Stand: 31.03.2024]