Geschichte des Stadtteils Angenrod

Von Prof. Dr. Ingfried Stahl, Angenrod (1989)

Topographie

Der Stadtteil Angenrod liegt im landschaftlich reizvollen Antrifttal und ist – bei einer Höhenlage von 292m über N.N. – von allen Seiten von kleineren Bergen oder Bergkuppen (Ausläufern des Vogelsberges) sanft umgeben. Die höchste dieser Erhebungen stellt der Möncheberg im Nordwesten mit 359,7 m über N.N. dar. Die Antrift durchfließt den Ort als breites Band und teilt ihn in zwei Hälften, die wiederum über zwei Brücken sowie einen Fußsteg miteinander verbunden sind. Die für den Verkehr außerordentlich wichtige Bundesstraße 62 überquert den Bach mittels der größten und modern ausgebauten Hauptbrücke, wodurch die Städte Marburg und Alsfeld im Sinne einer West-Ost-Verbindung direkt erschlossen werden.

Ortsnamendeutung

Interessant ist die Herkunft des Namens Angenrod. Vor geraumer Zeit durchgeführte quellengeschichtliche Recherchen des Autors in den Staatsarchiven Darmstadt und Marburg sowie der Landesbibliothek in Kassel haben den Nachweis erbracht, dass die früheste Ortsbezeichnung „Ingerode“ lautete. Diese lässt sich bis vor das Jahr 1300 zurückverfolgen. Nach L. Reichardt wurde der Ortsname „Angenrod“ aus dem Rufnamen „Ingo“ zum Stamm „ingwa“ gebildet. Somit ordnet sich die Namensgebung in die Reihe der in überwiegender Zahl mit vorangestellten Personennamen gebildeten Ortsnamen mit der Endung „rod“ oder „rode“ ein. Nur selten allerdings gelingt es, die Siedlungsträger aufgrund der mit Personennamen gebildeten Rodesiedlungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit namhaft zu machen. Anhand von urkundlichen und Aktenbelegen lässt sich die Wandlung der ursprünglichen Ortsbezeichnung von Angenrod im Verlaufe der früheren Geschichte des Dorfes aufzeigen. In der dabei aufgeführten ältesten urkundlichen Stelle (1272) taucht erstmals der angenrodspezifische lateinische Passus „sita in Ingerode“ auf. In einer vermutlich aus dem Jahre 1369 stammenden Urkunde ist der spezielle Abschnitt „[…] zu Getorn vnd waz wir Gude vnd Gulde han in deme selbin Gerichte, by Namen tzu Ingerode […]“ enthalten. 1519 lesen wir dagegen in Akten, die sich im Staatsarchiv Marburg befinden, von „Cunrad Nodung zu Engerode“. In einer Urkunde aus dem Jahre 1522 des Klosters Immichenhain ist von „Angerode“ die Rede. Akten aus dem Politischen Archiv des Staatsarchives Marburg enthalten dann folgende Ortsbezeichnungen: „Angerrodt“ (1560), „Angenrodt“ (1561) sowie „Engerodt“ (1563). Zusammenfassend lässt sich zur Etymologie des Ortsnamens sagen, dass die älteste Bezeichnung „Ingerode“ sich durch die Kürzung der Flexionsendung in unbetonter Mittelstellung erklärt, die Schreibungen „Engerode“ und „Angerode“ (Anfang des 16.Jahrhunderts) sind zu deuten durch die mundartliche Entwicklung des mittelhochdeutschen „i“ in einem Teil Oberhessens, während die Form „Angerrodt“ (1560) sekundär an „Anger“ (Grasland) angelehnt ist.

Heimatgeschichtlich bekannt ist, dass bezüglich der Ortsbildungen in unserem Gebiet und generell im Bereich des Vogelsberges im hohen Mittelalter eine neue große Siedlungsperiode einsetzte, für die die, wie auch im Falle Angenrod, im 13. und 14. Jahrhundert entstandenen Ortsnamenbildungen auf „rod“ oder „hain“ am Ende einen Beleg darstellen. Da auch für die Zeit Karls des Großen (9. Jahrhundert) in unserer Gegend eine Rodung sicher nachzuweisen ist, handelt es sich bei den ins hohe Mittelalter zu datierenden Rodungsaktionen um die zweite Rodezeit am nördlichen Vogelsberg. Eberhard Crusius führt dabei in seinen „Untersuchungen und Materialien zur Verfassungs- und Landesgeschichte 3 (Der Kreis Alsfeld, 1974)“ das interessante Statistikum an, dass auf rund 200 bestehende und ausgegangene Siedlungen in unserem Gebiet 43 „rod“-Orte kommen. Demnach trügen also etwa ein Drittel aller Siedlungen Namen, die mit einer Rodung des Waldes zu erklären seien. So ist Vockenrod an der Wasserscheide von Schwalm und Antrift das Zentrum eines zusammenhängenden „rod“-Komplexes, wovon neben den noch heute bestehenden Orten Angenrod, Reibertenrod und Schwabenrod die Orte Wippenrode (zwischen Ohmes und Seibelsdorf) sowie Reprode (zwischen Angenrod und Vockenrod) als Wüstungen den Zeitläufen der Geschichte Tribut zu zollen hatten. Neueren Darstellungen (1983) zufolge wird Wippenrode als Reprode gedeutet. Die Siedlung Reprode wäre demnach in dem heutigen Staubereich der Antrift zu lokalisieren, etwa zwischen Flusslauf und gegenwärtiger Straßenführung. Aufs Ganze [Seite 10] gesehen lässt sich nach Crusius feststellen, dass die Gründungszeit der „rod“- und „hain“-Ortsnamensgruppe dem durchschnittlichen Zeitpunkt der urkundlichen Erstbezeugung dieser Namenklasse ziemlich nahe kommt. So werden im 12.Jahrhundert aus dieser Gruppe 3 Orte bezeugt, im 13. Jahrhundert wird dagegen das Maximum von 22 Erstbezeugungen festgestellt. Dabei ist es zur Beurteilung sehr wichtig zu wissen, dass die früheste Beurkundung eines einzelnen Ortes über seine Entstehungszeit nur insoweit Konkretisierbares schließen lässt, sofern auch die Erstbeurkundung einer ganzen Siedlungsgattung innerhalb dieses Zeitraumes nachweisbar ist.

Die grundherrliche Periode der großen Rodungen (bis ins 13. Jahrhundert) erfolgte in der Absicht, den ungeheuren Grundbesitz – meist wenig einbringenden Wald – einer wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Kirche und Adel waren infolge ihrer Kapitalkraft und zahlreicher Höriger für die Durchführung der umfangreichen Rodungen geradezu prädestiniert. Die in jener Zeit gegründeten Ortschaften liegen meist an oder in großen Waldungen, in den höheren Tallagen, oft auf so ungünstigem Boden, dass der weitaus größere Teil von ihnen später wieder wüst wurde. Auch Angenrods Gründung – mutmaßlich wohl vom weltlichen Grundherren Ingo vorgenommen – ist in den hier skizzierten allgemeinen zeitlichen Rahmen einzuordnen. Sicher nachgewiesen ist jedenfalls, dass sich an den Rodungen des 12. und 13. Jahrhunderts ganz maßgeblich die verstärkt auftretenden Adelsgeschlechter beteiligten.

Keimzelle des Ortes: Die Wasserburg

In Teilbereichen einer heimatgeschichtlichen Betrachtung von Richard Jung folgend, der die Ortsgeschichte Anfang der sechziger Jahre in sehr verdienstvoller Weise erstmalig ausführlich aufarbeitete, stellt sich die Vergangenheit Angenrods in Grundzügen wie folgt dar. Die erste Anlage als Ausgangspunkt des Dorfes war eine Wasserburg im Tal der Antrift. Eine gute Beschreibung dieser historischen Anlage gab seinerzeit Dr. Friedrich Wilhelm Kraus (Ruhlkirchen): Als sogenanntes „festes Haus“ wurde die Wasserburg von der oberhalb des heutigen – leider im Verfall begriffenen – Hofgutes gestauten Antrift in großem Bogen umflossen. Während das Hauptbett der Antrift früher etwa den gleichen Verlauf hatte wie heute, hatte man unterhalb der oberen Mühle 10 ebenfalls einen künstlichen Graben geschaffen, der die Burg- und Hofanlage von Westen umfloss. Von dieser mittelalterlichen wasserumflossenen Wehrburg und ihren Anlagen lassen sich auch heute noch Teile erkennen. An der zur Verteidigung schwächsten Stelle, am Abhang zum heutigen Dorfgemeinschaftshaus hin, wurden außerhalb der Schutzwälle noch zusätzliche wehrhafte Vormauern errichtet. Der heute noch vorhandene Fischteich ist als Rest eines weitverzweigten Grabensystems der ehemaligen kleinen Wasserburg zu denken. Als älteste Höfe außerhalb der Wasserburg können die herrschaftlichen Mühlen aufgeführt werden (von Nodingsche Müller), die seinerzeit gute wirtschaftliche Unternehmen darstellten. Noch im Jahre 1645 spricht man vom Burghaus zu Angenrod, dessen damaliger Inhaber Georg Rudolf von Wehrda, genannt Nöding, war. Das Burghaus sowie die Kollaturen (Kirchenrechte) zu Zell und Billertshausen wurden nämlich am 5. Juli 1645 interessanterweise an den Amtmann von Romrod, Obristleutnant Urias Martin, verkauft. In den 80er Jahren des 17. Jahrhunderts kaufte dann Johann Georg von Wehrda das Gut und die Kollatur seiner Vorfahren als Rechtsnachfolger der Martinschen Erben wieder zurück. Die Linie von Wehrda hatte bereits 1450 die Wüstung zu „Ingerode“ von Landgraf Ludwig I. zu Marburg zum Lehen erhalten. Dem nachfolgenden Gut zu Ingerode, einer ursprünglichen Wehrhofanlage, folgten schließlich allmählich die Bauernhöfe der Hintersassen, die dann das eigentliche Dorf Angenrod formten. Angenrod (Ingerode) lag also in der Zeit vor 1450 interessanterweise geraume Zeit lang unbewohnt (wüst) vor. Das intermediäre Wüstwerden ist übrigens auch von anderen Siedlungen unserer Heimat überliefert.

Urkundliche Ersterwähnung: 26. April 1272

Text zur urkundlichen Ersterwähnung:

In dem ältesten urkundlichen Nachweis für Angenrod ist der ortsspezifische Passus „sita in Ingerode“ (4. Zeile von oben, etwas links von der Mitte) enthalten. Die stark vermoderte Pergamenturkunde befindet sich im Original im Staatsarchiv Marburg und wurde seinerzeit am 26.04.1272 in Ailesuelt (Alsfeld) ausgestellt.

Quelle: Wyß, Dt. Orden, I, Nr. 277, S. 208.

Das die Geschichte Angenrods in hervorragendem Maße dominierende Hofgut mit seinen Rechten sowie das Gericht Gedern, heute Getürms genannt, gehörten dem damals mächtigen und wohlhabenden Herrn von Romrod. Eigenen archivarischen Nachforschungen zufolge findet sich in einer stark vermoderten Pergamenturkunde vom 26. April 1272, die im damaligen Ailesuelt (Alsfeld) angefertigt wurde und sich jetzt im Original in Marburg befindet, der erste schriftliche Hinweis auf Ingerode (später Angenrod). In dem in lateinischer Sprache verfassten Text heißt es u.a.: „Ich, Adelheid, [Seite 11] Witwe des Ritters Albert von Romrod, und meine Söhne Heinrich und Albert haben die in Ingerode gelegenen Ländereien, die sich unter unserer Verfügungsgewalt befinden, dem Ritter Konrad von Linden übergeben, wofür wir von Konrad selbst zwei Landstücke empfangen haben zusammen mit den Insassen und Anwohnern, frei und unbeschadet von jeglichem Anspruch und außerhalb der Zivilgerichtsbarkeit. Wir waren der Meinung, dass das beiliegende Schriftstück mit einer Bestätigung durch das Siegel von Heinrich von Romrod, meinem vorerwähnten älteren Sohn, und von dem Ritter Ludwig von Romrod und des Ritters Siegfried von Altenburg und der Stadt Alsfeld versehen werden müsse.“ Zum Abschluss dieses ortshistorisch bedeutendsten Dokumentes werden eine Reihe von Zeugen für diesen Gütertausch genannt.

Die ersten Gütertransfers bis 1450

Um einen historischen Bezug zu jener Ära zu nennen sei festgehalten, dass in jener Zeit etwa die Marburger Elisabethenkirche als prägnantes Bauwerk des Deutschen Ritterordens entstand und – in steter Auseinandersetzung mit dem Erzbistum Mainz – die hessische Landgrafenschaft unter Heinrich I. von Hessen expandierte. Erneut von Konrad von Ingerode ist anlässlich eines Lehenstausches im Jahre 1308, den Abt Heinrich von Fulda dem Johann von Ehringshausen (Yringishusin) gestattet, später die Rede. Und im Jahre 1339 schließlich findet sich in einer unter Zeugen vorgenommenen Beleihung der Hinweis auf ein „gut zu Ingerode“, das Haynebach in Besitz hatte. Die Beleihung erfolgte von Friedrich vom Herzberg sowie seiner ehelichen Frau Sophie (Romrod) an den Wäppner Winther von Altenburg und umfasste u.a. Kornspeicher und Schlafzimmer zu Romrod nebst vor dem Ort gelegenem Gehöft, das Zentgrafenamt (zincgrebin amp) vom Gericht „Geduren“ (heute Getürms), das „gut zu Ingerode“ und das Gut zu Eifa (Yfe). 1366 kam es zur Besitzteilung der Romröder Herren, Metze von Lißberg, die Tochter des o.g. Friedrichs von Romrod (Herzberg), wurde Besitzerin des Guts Ingerode. Metze hatte 1322 Berthold III. von Lißberg (+1349) geheiratet und verkaufte im Jahre 1369 ihre Güter in Angenrod und Billertshausen an Adelheid von Schrecksbach (+1393), die Tochter Konrad von Rotsmuls – eines bedeutenden Alt-Alsfelders – sowie Gattin des Ludwig von Schrecksbach war. In der Urkunde, die diesen Vorgang belegt, heißt es u.a.: „[…] verkaufen mit allem was wir Gude und Gulde han in deme selbin Gerichte – by Namen zu Bylhartishusen (Billertshausen), zu Ingerode (Angenrod),zu Luzela (Leusel) … Notzen in Wasser, in Felde, in Weyde – das Vorwerg zu … Luzela da Eckart Ingerode uffe sitzet etc.“. Erneut von Eckart von Ingerode ist in einer Urkunde des Alsfelder Augustinerordens aus dem Jahre 1394 die Rede: „Eckardt von Angenrod (Ingerode) und seine Ehefrau Adelheid verkaufen für bezahlte 22 Pfund Heller Alsfelder Währung wiederkäuflich den geistlichen Herren, den Brüdern der Einsiedelei des Ordens St. Augustins des Klosters zu Alsfeld eine Gült von jährlich 2 Pfund Heller derselben Währung zu Martini aus ihrer Wiese zu Leusel (Lusla) unter dem Hohen Rain (Hoenreyne), aus ihrem Morgen Acker, der auf die gen. Wiese stößt, und aus ihren drei Morgen Acker bei den Segiln. Von dem Geld sollen die Brüder jährlich Schmalz zum Geleucht der Lampe in der Liebfrauenkapelle des Klosters kaufen […]“ Siegler dieser Urkunde ist übrigens der „weise Mann“ Konz Schaufuz, Schöffe zu Alsfeld.

1450: Die von Wehrda gen. Nodung werden mit Rechten für Ingerode belehnt

Dies war die Zeit, als nach dem Tode Adelheids heftige Erbauseinandersetzungen um den nicht unerheblichen Besitz erfolgten. Vor 1450, als offiziell laut Lehensurkunden das Stift Fulda mit Henne von Wehrda (Werde) genannt Nodung den ersten Vertreter der „Angenröder Adligen“ mit dem „Kirchsatz zu Gedörne und Zelle“ belehnte (26.08.1450), lässt sich bereits nachweisen, dass die von Nodungs 1423 sonstige Rechte auf dem Getürms erwarben. 1450 folgten dann Gerichts- und Patronatsrechte sowie sonstige Rechte für Angenrod. Sehr interessant ist, dass die Familie von Nodung, aus dem Dorf Wehrda bei Marburg stammend, bereits im 14. Jahrhundert sonstige Rechte in Ohmes hatte, des weiteren in Reprode (1460), Vockenrod (1460), Heimertshausen (1450) sowie Zell (1450, Patronat). Kirchen- und Klosterbesitz hatten vor 1450 der Deutsche Orden (Marburg) in Angenrod sowie 1267 in Reprode, das Kloster Immichenhain hatte 1522 Angenröder Besitz. Für eine Anzahl der niederadeligen Geschlechter unseres Gebietes diente übrigens das Augustinerchorfrauenstift Immichenhain zur Aufnahme unverheirateter Töchter. Eine Angehörige der von Wehrda gen. Nodung findet sich um 1450 sogar als Meisterin des Stifts. [Seite 12]

Die Gerichts- und Kirchenrechte

Waren zuvor die Herren von Romrod offenbar Zentrichter des Gerichts Geduren, zu dem sich 1369 als Zubehör Angenrod, Billertshausen und Leusel nachweisen lassen, so ging nun die Gerichtshoheit auf die von Wehrda über. Angenrod, das im 14. Jahrhundert auch zum Gericht Geduren (Zell) zählte, hat seit jener Zeit eine Sonderentwicklung genommen. Es bildete bis ins 19. Jahrhundert ein selbständiges Gericht, das als solches nur dem Oberamt Alsfeld untergeordnet war. Zur Ausübung ihrer Niedergerichtsbarkeit hatten die Herren von Wehrda gen. Nodung einen eigenen Gerichtshalter. Die Familie derer von Wehrda hat für fast 400 Jahre die Geschichte und Geschicke Angenrods bestimmt. Das Wappen der von Nodung zeigt einen schwarzen Wechselzinnenbalken im weißen Schilde; es ist heute noch, wenngleich als verwittertes Buntsandsteinrelikt, über dem Seiteneingang des ehemaligen Hofgutes zu sehen. Auch die Kirchenrechte gehören bis zu ihrem Aussterben den von Nodungs.

Die Linie der von Wehrda in Angenrod

In den historischen Quellen für Angenrod werden ab dem 15. Jahrhundert daher die von Nodungs weit überwiegend genannt: Conradt von Wehrda (1476, Lehnsherr der Kirchen „Gedern und Zcelle“); Kort von Wehrda (Werde) gen. Nodung und Ehefrau Gertrud (1496, Schuldverschreibung an Augustiner Alsfeld); 1501, Streit mit Johann von Storndorf); Gottschalk von Wehrda (Beraubung von Kaufleuten auf des „Landgrafen zu Hessen Straßen“, für deren Sühne die Familie u.a. die Mühle zu Angenrod einsetzte, 1513); Helwig und Daniel von Wehrda gen. Noding (Briefwechsel mit Landgraf Philipp dem Großmütigen, 1561); Junker Daniel von Wehrda (seine vielen Kinder wurden von Pfarrer Jakob Pfaff getauft, um 1570); Daniel und Ludwig von Wehrda (Beschreibung von Äckern etc., die an Landgraf Ludwig verkauft wurden, 1592); Daniel von Wehrda genannt Nodung (Verhandlungen über einen von Daniel versetzten Teich zwischen Angenrod und Ohmes; 1597-1626); Junker Georg Rudolph von Wehrda (Erb- und Gerichtsherr zu Angenrod, geb. 1587, heiratet Anna Margaretha von Gilsa); Rittmeister Johann Heinrich Georg von Wehrda (Herr in Angenrod, ca. 1650-1700, seine Frau brachte von 1685-1696 neun Kinder zur Welt, davon sieben Söhne); Junker Walter Rudolph von Wehrda (1689-1753); Christian Georg Friedrich von Wehrda (dessen unverheirateter Sohn, Fürstlich Hessischer Obrist-Leutnant, gestorben 1799 im Alter von 80 Jahren); Carl Reinhard von Wehrda (dessen Bruder, Major unter den Darmstädtischen Dragonern, 1721-1805). Erinnern wir uns daran, dass Johann Georg von Wehrda um 1680 das Hofgut zu Angenrod und die Kollatur zurückgekauft hatte. Der „Ius patronatus“ war bei der Pfarrvakanz 1667 dahingehend eingeengt worden, dass bei dessen Ausübung jeweils zwischen Hessen-Darmstadt und den Martinschen Erben bzw. Rechtsnachfolgern abgewechselt („alterniret“) werden sollte. Dieser Turnus der Präsentation zwischen Hessen und den Nödings blieb bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts bestehen. Im Jahre 1803 wurde zum letzten Male eine Präsentation der von Noding vorgenommen. Sie erging von der „Regierung in Gießen als der obervormundschaftlichen Behörde“ für den „blödsinnigen Karl Reinhard von Wehrda genannt Nöding“. Mit dessen Tod am 15.10.1805 erlosch das Patronat, mithin die gesamte Linie derer von Wehrda in Angenrod. Dies geschah also zu Zeiten Napoleons. Das Gut mit seinen Rechten fiel somit an den Landgrafen zurück.

Die letzten Besitzer bzw. Pächter des Hofgutes

Mit dem Aussterben der Nodungs ging eine Epoche Angenröder Geschichte zu Ende. Die Junker waren die Herren des Orts. An sie mussten Abgaben geleistet werden, sie übten die niedere Gerichtsbarkeit aus. Nur über Kriminal-, Ehe- und ähnliche Fälle hatte der Landgraf zu urteilen und Strafen zu verhängen. Nach dem Tode des letzten Nodung (ab 1811) wechselte das Hofgut in die Hände der Familie von Bibra, Oberforstmeister zu Romrod, deren Wappen, ein Biber, auch heute noch über der Tür des ostwärts gelegenen Haupteinganges zu sehen ist. Wegen des Restkaufgeldes strengte von Bibra seinerzeit übrigens einen Rechtsstreit an. Um die Jahrhundertwende ging das Gut an die Familie der Grafen Bernstorff über. Nach dem Tod des letzten Bernstorff, Siegfried von Bernstorff, gehörte das Gut seit 1959 dem Prinzen von Hannover, von dem es die Hessische Landgesellschaft im Jahre 1972 käuflich erwarb. Indiz für den Niedergang dieses einst ortsprägenden dominierenden Bauwerks in Angenrod ist der gegenwärtige desolate bauliche Zustand der unbewohnten Gebäude, von denen auch der komplette östliche Scheunentrakt [Seite 13] bereits nicht mehr steht (Abriss nach Brand). Kürzlich etablierte die einheimische Jugend – Zeichen des nie nachlassenden Bemühens der Ortsansässigen um eine sinnvolle zukunftsträchtige Verwendung des ehemaligen Hofgutes – einen Jugendraum im Gebäudekomplex, der in früheren Jahrzehnten von verschiedenen Gutspächtern bewirtschaftet wurde. Unter Gutspächter Friedrich August Rullmann z.B. wird 1807 bis 1817 vom Bau von Schweineställen, Keller, Brunnen und Brunnenleitung im „Lehnhof zu Angenrod“ berichtet, 1809 von der Hofpflasterung. Gutspächter im 20. Jahrhundert waren Korell, Schulte und zuletzt von 1954 bis 1971 die Familie von Tresckow. Das zum Gut gehörende Areal betrug 60 Hektar.

Weitere Alt-Angenröder

Exemplarisch seien im Geschichtsrückblick auch einige Namen „nichtadliger“ alter Angenröder aufgeführt, z.B. Joist Hedderich (Vernehmungsakten, 1573), Endres Breiderich (Urfehdebrief, 1614- 1615), Jost Schönhalß (Werthmüller, 1685-1686) und Benedict zu Angenrod (Schutzjude, 1721). In einem Salbuch aus dem Jahre 1570 lesen wir etwas über die Leibeigenen in Angenrod. Es wird von seinerzeit 5 Dreispännigen, das sind größere Bauern mit dreispännigen Pferdefuhrwerken, und 19 Einläufigen, darunter sind Kleinbauern oder Häusler zu verstehen, berichtet. Zinsbare Güter in Angenrod hatten zu jener Zeit u.a. Adam Gaßemann, Born Joist, Kürt Korber, Joachim Walper, Joist Heidrich und der Oberste Müller.

Die Kirche auf dem Getürms

Wahrend das Hofgut Mittelpunkt alles Profanen war, war und ist die den Dörfern Angenrod und Billertshausen gemeinsame Kirche „Getürms“ Mittelpunkt des kirchlich-religiösen Lebens. Sie liegt auf einem Basalthügel an der Billertshäuser Straße und stellt die höchste Erhebung zwischen beiden Stadtteilen dar. Mit Johannes Stoer, der wie Luther in Wittenberg studiert hatte, kommt der erste evangelische Pfarrer als Reformator auf das „Gedörns“. Gegenwärtig sind Pfarrer Walter Bernbeck und Rieko Becker gemeinsam als Pfarrer des Kirchspiels Billertshausen tätig.

Schule und Lehrer auf dem Getürms

Das Getürms bildete übrigens auch den Ort der den beiden Gemeinden Billertshausen und Angenrod zugeordneten Schule, diese war schon im Anfang des 17. Jahrhunderts vorhanden. Angenrod hatte sich zu drei Fünfteln, Billertshausen zu zwei Fünfteln an den durch den Schulbetrieb entstehenden Kosten zu beteiligen. Als älteste Nachricht über diese gemeinsame Schule kann das Jahr 1628 herangezogen werden, indem es in dem Abschied der Generalkirchenvisitation heißt: „Vors dritte, so hat sich auch der Opfermann auf dem Gedörn Johannes Kholl über etzlich Eltern beschwert, dz sie ihre Kinder nit zur rechten Zeit in die Schul schickten, sondern manchmal bis auf Weynachten zue Haus behielten. Dahingegen so hat man auch aus dem Verhör vernommen, dz besagter Glöckner dem Trunck etwas ergeben und oftmahln die Schul drüber versäume. Ob dann woll der Opfermann zu seiner Entschuldigung die Vormundschaft, damit er wider seinen Willen beladen gewest, eingewendet, so ist doch solches als unerheblich verworfen und sowoll den Eltern, ihre Kinder hinführo zu rechter Zeit in die Schul zu schicken, als auch ob besagtem Opfermann, sich hinführo des ubrigen Truncks zu enthalten und mit mehrerm Fleiß dz Schulwesen zu verrichten, mit Ernst eingebunden worden.“

Von der Errichtung der Schule an waren die Getürmser Lehrer verpflichtet, den Glöcknerdienst zu versehen und bei den Gottesdiensten und den gottesdienstähnlichen Handlungen als Vorsinger oder Kantoren das herkömmliche Singen zu führen. Als in der Kirche auf dem Gedörn erstmalig eine Orgel aufgestellt wurde, hatte der Schulstelleninhaber auch den Organistendienst zu versehen. Als Lehrer auf dem Getürms wirkten: Johannes Köhler (um 1620-1630), Erasmus Heidelbach (aus Alsfeld, ab 1641), Johannes Fröhlich (Hilarius) (ab 1667), Johann Christoph Schmidt (aus Allendorf/ Lumda 1711-1718), Johann Michael Daubner (aus Annerod, 1743-1761), Johann Friedrich Daubner (aus Annerod, 1761-1774), Johann Heinrich Cramer (aus Grebenau, 1774-1805), Vikar Johann Konrad Cramer (1805-1806), Johannes Lutz (aus Maulbach, 1806-1829), Georg Eberhard Schlapp (aus Rödgen, 1832-1851),Vikar Peter Volz (aus Bobenhausen bei Nidda, 1851-1852), Johann Heinrich Döring (aus Eichelhain, 1852-1877). [Seite 14]

Die nachfolgende Schulentwicklung

Ende des vorigen Jahrhunderts erbauten die beiden Dörfer eigene Schulgebäude. Die Angenröder Schule wurde 1880 fertiggestellt. Das kennzeichnende Uhrtürmchen wurde später aufgesetzt. Seine beiden Uhren gaben lange Zeit, als Armband-, Taschen- oder Digitaluhren noch rar bzw. überhaupt noch nicht vorhanden waren, die „Angenröder Zeit“ an. Die Angenröder Schule war zweiklassig und wurde in der Ära der Einführung von Mittelpunktschulen im Jahre 1971 außer Funktion gesetzt. Angenrods Schüler besuchen seit dieser Zeit in der unteren Stufe die Mittelpunktschule in Romrod, mittlerweile erweitert um den Bereich der Förderstufe. Bedeutende Pädagogen der Nachkriegszeit in Angenrod waren Willy Jaudt, Otto Reul und Helmut Grams. Letzte Lehrkräfte waren Reinhold Lang und Frau Hrabé.

Die Israelitische Bevölkerung

Nicht vergessen sollte man jedoch bei der geschichtlichen Reminiszenz diejenige Ära, in der in Angenrod die Juden eine bedeutende Rolle spielten. Als zentrales Bauwerk fungierte für die Angenröder Juden seinerzeit die im Jahre 1797 in der Hintergasse erbaute Synagoge, die allerdings in 1961 abgerissen wurde. Schon von altersher hatten die adligen Gerichtsherren, im Bereich Alsfeld also die Junker von Angenrod und Storndorf, das Recht der Aufnahme von Juden. 1905 gab es z.B. 22,5 Prozent Juden in Angenrod, der prozentuale Anteil der Häuser betrug sogar 37 Prozent. Der Handel war fast nur in ihren Händen, und von den fünf (!) damaligen Schankwirtschaften besaßen die Juden allein drei. Im Zuge der biologischen Vernichtung der Juden im schlimmsten Kapitel deutscher Geschichte, im Zeitalter des Nationalsozialismus, wurden in den vierziger Jahren alle Juden deportiert. Mit ihrem Abtransport und dem Abbruch der Synagoge 1961 schließt ein Kapitel lebendiger Angenröder Geschichte. Lediglich der Friedhof der Israeliten am westlichen Ortsausgang legt noch monumentales Zeugnis von der israelitischen Vergangenheit Angenrods ab. Nur noch schwer erkennbar sind die hebräischen Inschriften auf den zumeist stark verwitterten und fast 100 Jahre alten Sandstein-Denkmälern.

Die kommunale Entwicklung Angenrods nach 1945

Nach der schweren Übergangszeit im Gefolge des 2. Weltkrieges, aus dem auch viele Söhne des Ortes nicht mehr heimkehrten, partizipierte letztendlich auch Angenrod am generell einsetzenden Aufschwung der fünfziger Jahre, der Zeit des sogenannten Wirtschaftswunders in der Bundesrepublik. Viele infrastrukturelle Maßnahmen der letzten fast viereinhalb Dekaden haben den heutigen Stadtteil der Kernstadt Alsfeld zu einem auch optisch ansprechenden und in vielen Bereichen modernen Gemeinwesen aufblühen lassen. An der Spitze der Gemeinde stand dabei seit dem 9. Juli 1945 lange Jahrzehnte in vorbildlicher Weise Bürgermeister Willi Müller, der spätere Ortsvorsteher. Müller hatte seinerzeit ein sehr schweres Amt anzutreten, als „Mann der ersten Stunde“ hatte ihm noch keine selbstgewählte Gemeindevertretung zur Seite gestanden, die volle Verantwortung für die zu treffenden Entscheidungen hatte er selbst zu tragen. Dies war um so schwieriger, als er diese gegenüber einer Militärregierung zu begründen hatte, die ihrerseits ihre Meinung oftmals änderte. Seine vielfache Wiederwahl zum Ortsoberhaupt seit 1946 beweist jedoch, dass Müller die Gemeinde gut durch diese schwierige Zeit gesteuert hat. In die Amtszeit Müllers fällt u.a. die Errichtung von drei Gemeindewohnhäusern unter der Notwendigkeit, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, da insbesondere durch den Zustrom von Heimatvertriebenen die Einwohnerzahl Angenrods bis auf 833 angestiegen war. Neben der Ortskanalisierung und dem generellen Ortsstraßenbau wurde auch Zug um Zug die ortsinterne Straßenbeleuchtung ausgebaut und auf einen modernen Stand gebracht. Auch die 1,2 km lange Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 62 mit Modernisierung und Verbreiterung der Brücke kam als wichtige Maßnahme in den sechziger Jahren zum Tragen. Für einen Gesamtkostenaufwand von 350.000 Mark wurde das Antriftbachbett reguliert und zum Schutz gegen Hochwasser mit beidseitigen Ufermauern befestigt.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit der überwiegenden Arbeiterwohnsitzgemeinde Angenrod war natürlich begrenzt, so dass vorgenannte Maßnahmen nur durch massive Unterstützung von Kreis, Land und Bund verwirklicht werden konnten. Im Zuge der kommunalen Gebietsreform fasste dann im November 1971 die ehemalige Gemeindevertretung [Seite 15] einstimmig den Beschluss, dem Eingemeindungsantrag an die Stadt Alsfeld zuzustimmen. Datum der letzten offiziellen Amtshandlung dieses Ortsparlamentes bildete der Dezember 1970. Es bleibt ein erfreuliches vorläufiges Fazit für die Angenröder Bürger, dass seit jener „gemeindehistorisch“ bedeutenden Wendemarke eine Reihe von wichtigen Projekten realisiert werden konnte, die eine kommunal selbständige Gemeinde Angenrod wohl sicher nicht in diesem relativ kurzen Zeitraum hätte durchführen können. Hierzu zählt zum einen der, wenn auch etwas fragmentarisch gebliebene, Umbau der ehemaligen Volksschule in ein Dorfgemeinschaftshaus, nachdem die Volksschule 1971 aufgelöst worden war. In den Jahren 1976/1977 wurden dann auch noch der Gruppenkindergarten sowie das neue Feuerwehrgerätehaus ihrer Bestimmung übergeben. In vorbildlicher Eigenregie schließlich errichtete, unterstützt von städtischen Mitteln, im Jahre 1977der Fußballsportverein ein sehr gelungenes Sportheim am Sportplatz. Das spektakulärste bauliche Projekt im Umfeld Angenrods sollte jedoch in den siebziger Jahren mit der Errichtung des Antrift-Stausees in der Niederung zwischen Angenrod und Seibelsdorf entstehen; der 3,5 Millionen Kubikmeter fassende Stausee wurde am 13. März 1981 in Gegenwart von Umweltminister Schneider seiner Bestimmung übergeben, Träger der Gesamtmaßnahme, von der man sich auch eine Belebung des Naherholungsfremdenverkehrs erwartet, war der Wasserverband Schwalm, die Kosten bis zum Einweihungstermin wurden auf 23 Millionen Mark beziffert.

Im Zusammenhang mit dem aufwendigen Anschluss der Ortskanalisation an die Gruppenkläranlage in Bernsburg via Hauptsammlerleitung, die den Stauseebereich umgeht, legten Angenröder Bürger auch ein Zeichen politischer Wachsamkeit an den Tag als es darum ging, die erforderlichen Kläranlagenbeiträge an den Stadtsäckel abzuführen. Einer Bürgeraktion gelang es dabei, in Verhandlungen mit der Stadt Zahlungserleichterungen zu erreichen (1983). Ein neuer Abschnitt der Angenröder Dorfgeschichte dürfte nun kürzlich dadurch eingeleitet worden sein, dass der Stadtteil seit 1984 in das Dorferneuerungsprogramm des Landes Hessen aufgenommen wurde. Die dorfumgestaltenden und verschönernden Maßnahmen sind bereits mit Erfolg angelaufen dem, Abschluss der Dorferneuerung darf schon jetzt mit erwartungsvoller Freude entgegengesehen werden.

Das Vereinswesen

Bei der Erörterung des Nachkriegsgeschehens in Angenrod darf natürlich der kulturelle Bereich keinesfalls zu kurz kommen, eine Reihe von Vereinsgründungen legt beredtes Zeugnis von dem kulturellen und sozialen Engagement der Einheimischen ab. Zu den Traditionsvereinen Gesangverein „Harmonie“ (gegründet in 1911) und dem Fußballsportverein (1927), der 1975 den vielbejubelten Höhenflug in die A-Klasse antrat, sowie dem Ortsverein bzw. Ortsbezirk der Sozialdemokratischen Partei (1927) gesellten sich in der Nachkriegszeit zunächst die Freiwillige Feuerwehr, der bis 1980 Karl Bernges als Ortsbrandmeister bzw. Ortswehrführer vorstand. Gerhard Ziegler führte die Wehr als weitaus größten Verein des Stadtteils bis 1983, jetziger Wehrführer ist Volker Bambey.

1962 wurde auf Initiative von Pfarrer Hacker und Otto Diemer ein evangelischer Posaunenchor ins Leben gerufen, der sich, nachdem das 25-jährige Jubiläum bereits gefeiert werden konnte, längst zu einem allzeit gern gehörten musikalischen Klangkörper entwickelt hat. Nach wie vor führt Otto Diemer den Dirigentenstab, nicht nachlassend in dem Bemühen, neue junge Bläser dem Posaunenchor zuzuführen, mit viel Erfolg, wie die Entwicklung des Chores eindrucksvoll dokumentiert. Neue sportliche Akzente dagegen setzte die Neugründung des Motorsportclubs im Jahre 1968, der bis auf den heutigen Tag alljährlich ein schon zur Tradition gewordenes überregionales Grasbahnrennen veranstaltet. Das Debütrennen um die „Hessische Motorsportring-Meisterschaft“ fand in 1970 statt, an den Erfolgen hatten auch einheimische Motorsportler wie z.B. die Brüder Decher großen Anteil. Auf karnevalistischem Sektor war man in Angenrod auch nicht müßig, wie die Gründung des Carneval Clubs (CCA) im Jahre 1977 beweist. Die Fremdensitzungen des CCA in den Kampagnen sowie die Umzüge bilden schon seit 1978 einen jährlichen Höhepunkt in der Aktivität des Clubs. Regelmäßige alljährliche Veranstaltungen in Form sehr gut besuchter internationaler Wandertage im IVV führt ein weiterer neugegründeter Verein, die Wanderfreunde Angenrod (1978), seit 1979 durch. Bereits in 1971 etablierte sich die Jugendgruppe der Freiwilligen Feuerwehr, die neben ihren beachtlichen jugendfeuerwehrsportlichen Erfolgen wie Kreismeistertiteln durch die Betätigung als Laienschauspielgruppe sehr viel Beifall und Beachtung gefunden hat (seit 1982). [Seite 16]

Um den kulturellen Rundgang der Nachkriegsepoche abzuschließen, sei noch festgehalten, dass Angenröder Vereine seit Dezember 1978 alljährlich für die Senioren des Ortes Altennachmittage veranstalten und dass seit einigen Jahren mit dem Dorffest auf dem „Hohen Berg“ eine weitere von allen Vereinen und dem Ortsbeirat getragene bereichernde Veranstaltung ins Leben gerufen werden konnte.

Ein abschließendes Wort sei dem kirchlichen Sektor gewidmet. Als langjähriger Pfarrer der Nachkriegszeit amtierte seit 1953 Pfarrer Hacker, der übrigens das gesamte Kirchspiel Billertshausen betreute. Hacker wurde 1983 herzlich im Rahmen einer großen Feier verabschiedet, seine Nachfolge hat nun Pfarrer Walter Bernbeck angetreten. Große Verdienste in der religiösen Unterweisung der Kinder hatte insbesondere der Kaufmann Carl Werner (Frankfurt), der von 1947 bis 1967 dem Kindergottesdienst auf dem Getürms vorstand und vielen noch aufgrund seines freundlichen Wesens und seiner steten Hilfsbereitschaft in guter Erinnerung ist.

Dem Stadtteil Angenrod der zweiten Hälfte der achtziger Jahre steht nun seit 1985 Hans-Dieter Korell als Ortsvorsteher vor. Kommunale Vorhaben wie die laufende Dorferneuerung sowie kulturelle Ereignisse werden auch in Zukunft in dem etwa 600 Einwohner zählenden Stadtteil lokale Bedeutung besitzen, die ein späterer Chronist wohl wieder den Stationen lebendiger Ortsgeschichte wird anfügen können.

Das Wappen derer von Wehrda

Quellen

[01] Richard Jung in der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Gesangvereins „Harmonie“ Angenrod (1961).

[02] Eberhard Crusius: Der Kreis Alsfeld (Elwertsche Verlagsbuchhandlung, Marburg 1974).

[03] Walter Kürschner: Das Werden des Landes Hessen (Elwertsche Verlagsbuchhandlung, Marburg).

[04] Lutz Reichardt: Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen (Göppingen 1973).

[05] Pfarrer Venator: Archiv für Hessische Geschichte 7 (1852) S. 193-198.

[06] Th. Haas: Alte Fuldaer Markbeschreibungen, Fuldaer Geschichtsblätter 13 (1914) S. 82-88.

[07] A. Wyss (Hrsg.): Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei Hessen, 3 Bände, Leipzig 1879-1899.

[08] W. Diehl: Hessen-darmstädtisches Pfarrer- und Schulmeister-Buch (Friedberg 1921).

[09] W. Diehl: Hessisches Lehrerbuch (2. Teil) Oberfürstentum Hessen (Darmstadt 1940).

[10] W. Diehl: Baubuch für die evangelischen Pfarreien der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt (Darmstadt 1931).

[11] Repertorien der Hessischen Staatsarchive in Darmstadt und in Marburg.

[12] A. Schneider: Antrifttal im Wandel der Zeiten, S. 473-475, Druckerei F. Ehrenklau, Alsfeld 1983.

[13] Ingfried Stahl: Angenrod – Damals und heute, Heimat-Chronik, Beilage der OZ, Hefte 3 und 4, 1986.

[14] Ingfried Stahl: Zur Etymologie des Namens Getürms, Heimat-Chronik, Beilage der OZ, Heft 4, 1989.

Erstveröffentlichung:

Prof. Dr. Ingfried Stahl, Geschichte des Stadtteils Angenrod, in: Magistrat der Stadt Alsfeld (Hrsg.): Alsfeld und seine Stadtteile (Band 2), Angenrod, Alsfeld 1989, S. 9-16.

[Stand: 10.02.2024]